Ich gebe ebenfalls meine Missio zurück

Sehr geehrter Herr Bischof Genn, 
ich teile in allen Punkten die Ausführungen der Kollegin Beatrix Beckmann zu dem "Fall" Laufmöller in einem Schreiben an Sie, in dem sie die Rückgabe ihrer Missio begründet. 
Ich gebe hiermit ebenfalls meine mir 1981 von Ihrem Vorgänger, Herrn Bischof Dr. Rainer Lettmann, verliehene MISSIO CANONICA zurück.  

Auch wenn diese Rückgabe für mich keine unmittelbaren Konsequenzen hat, da ich seit 2013 im Ruhestand bin, war diese kirchliche Lehrerlaubnis aber die Voraussetzung für meine Arbeit als Religionslehrer in den 32 Jahren am Annette-von-Droste-Hülshoff-Gymnasium, die für mich ein Schwerpunkt meiner Lehrertätigkeit war.

Religion zu unterrichten war schon während meiner aktiven Zeit eine Herausforderung, ist es aber heute und auch in Zukunft umso mehr und verlangt Menschen, die authentisch sind, die überzeugen und begeistern können. Menschen wie Thomas Laufmöller, den ich persönlich kenne und sehr schätze. 

Es ist für Außenstehende absolut nicht nachvollziehbar, wie ein nicht "genehmigter" Umzug in eine neue Wohnung im 21. Jahrhundert herhalten muss, einen kritischen, aber auch sehr geschätzten Seelsorger und Religionslehrer zu maßregeln und aus der Kirche zu drängen.

Dieses "eigenmächtige" Handeln - die freie Wohnortwahl ist eines der Grundrechte des Grundgesetzes - wird ja von Ihnen, Herr Bischof, als Gehorsamsverweigerung verstanden. Ein solches Gehorsams- und das dahinter stehende Amtsverständnis dürfen nicht nur, sondern müssen in der heutigen Zeit kritisch hinterfragt werden. Sie scheinen in einer liberalen und demokratischen Gesellschaft wie aus der Zeit gefallen zu sein.

Nicht zuletzt frage ich mich, wo mitbrüderliche Solidarität anfängt bzw. endet? Schließt geschwisterlicher Umgang in der Kirche in der Nachfolge Jesu nicht alle mit ein oder nur diejenigen, die scheinbar auf dem rechten Weg sind? 
Dieser Umgang der Amtskirche mit Pfarrer Laufmöller entfremdet immer mehr engagierte Katholiken von Ihrer Kirche; nicht wenige ziehen die Konsequenzen und treten aus der Kirche aus.

Ist die Katholische Kirche endgültig auf dem Weg zur 'kleinen Herde', deren Beginn schon Karl Rahner Anfang der siebziger Jahre beschrieben hat? (Karl Rahner, Strukturwandel der Kirche als Aufgabe und Chance, Freiburg 1972) Für Rahner bedeutet ‘Kleine Herde’ aber nicht dasselbe wie Getto und Sekte. Eine solche Sekten- und Gettomentalität sei, so Rahner, aufs schärfste zu bekämpfen. "Wenn man in einem bequemen Traditionalismus und einer langweiligen Pseudoorthodoxie, die sich vor der Mentalität des heutigen Menschen und der modernen Gesellschaft fürchten, sich auf die ‘kleine Herde‘ beruft, wenn man uneingestanden gar nichts dagegen hat, dass die unruhig fragenden Menschen aus der Kirche auswandern, weil dann wieder Ruhe und Ordnung einziehen können und alles in der Kirche wieder so wie früher wird, propagiert man nicht die Haltung, die der kleinen Herde Christi konform ist, sondern eine kleinhäuslerische Sektenmentalität." (S. 33)

Rahner fordert einen Strukturwandel der Kirche, er zeigt Wege auf für eine Kirche der Zukunft, eine offene Kirche, die über Amt und Leitung nachdenkt, die mehr Demokratie wagt. Zu einer (erneuten?) Lektüre kann ich Ihnen, Herr Bischof, dieses Buch nur empfehlen!

Ja, es gibt Veränderungen und Wandel in der Katholischen Kirche in den letzten 50 Jahren seit Rahners mahnenden und prophetischen Worten.

Der Synodale Weg war ein solches Hoffnungszeichen. Der "Fall" Laufmöller hat mir gezeigt, dass es nach wie vor diese beharrenden Kräfte, diese Getto- und Sektenmentalität gibt, und er lässt mich stark zweifeln, ob die Katholische Kirche in Deutschland in ihrer Gesamtheit wandlungsfähig und reformbereit ist.

Sehr geehrter Herr Bischof Dr. Genn,

es hat sich längst herumgesprochen, dass Sie die an Sie gerichteten kritischen Briefe im „Fall Laufmöller“ nicht selbst lesen, sondern diese lesen lassen und sie im besten Fall von Ihrem Pressesprecher, Dr. Kronenburg, beantwortet werden - je nachdem, welche Position der Absender im gesellschaftlichen Leben in Münster und Umgebung einnimmt.

Dass diese Form der Auseinandersetzung mit der „Basis" ein Armutszeugnis ist und keine Zukunft haben wird, dürfte auch Ihnen klar - aber vielleicht egal - sein.

Für mich bleibt der Austritt aus der Kirche, auch wenn es kein einfacher sein wird, nach 73 Jahren Zugehörigkeit, weiterhin eine Option!

Gerhard Buchholz

Foto von Jornada Produtora auf Unsplash

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Felix Genn: Autoritär und beratungsresistent

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