Out of Church: Warum ich aus der katholischen Kirche ausgetreten bin

Ich gehöre zu den rund 4.000 Menschen, die im letzten Jahr allein in Münster aus der Kirche ausgetreten sind. Durch die Vorkommnisse in der Gemeinde St. Stephanus und die unglaublich herzlose Vorgehensweise des Bistums in diesem Zusammenhang hat sich meine Sichtweise auf den institutionellen Kirchenapparat verändert und mich erkennen lassen: Das ist nicht mehr meine Kirche!

Meine Wahrnehmung: Alte, mächtige, im Grunde oft ängstliche Männer in hohen Ämtern sind umgeben von Beratern auf der zweiten Führungsebene, die mit hohem Eigeninteresse handeln. Es sind oft Amtsträger, die sich selbst gefallen in dem, was sie tun oder auch nicht tun.

Regional wie überregional: Dieser Club der alten Männer tut alles dafür, das System Kirche, das sie nährt, möglichst intakt und geschlossen zu halten: Ja keine Veränderungen! Bloß keine Transparenz! Erst recht keine Kritik! Es ist ausgerechnet das Kirchenrecht, das dieses System in ihrem Bestreben nach Selbsterhalt stützt - keine öffentliche Rechtfertigung und vor allem keine staatliche Rechtsverfolgung.

Der Dreck der Vergangenheit (und wohlmöglich auch der Gegenwart) wird immer wieder schön unter den klerikalen Teppich gekehrt. Es wird schon keiner merken. Es darf nur keiner stolpern. Und wenn doch, hoppla, dann kann man sich immer noch dafür entschuldigen. Manchmal glaube ich, dass Entschuldigungen bereits ein fester Bestandteil des Systems sind.

Für mich sind die meisten kirchlichen Amtsträger weit weg von dem, was Kirche und Glauben wirklich ausmacht. So wie für mich ein Freund nur dann ein Freund ist, wenn er handelt wie ein Freund, ist auch ein Bischof nur dann ein Bischof, wenn er handelt wie ein Bischof. Die Konfliktsituation in St. Stephanus hat mir gezeigt, dass weder der Bischof noch der zuständige Weihbischof diesem Anspruch gerecht geworden sind. Solange Amtsträger wie diese die Kirche anführen, kann und wird sie sich nicht ändern. Weil sie es nicht will. Die Kirche wird sich erst ändern, wenn sie es muss, wenn es keinen anderen Ausweg mehr gibt, also, wenn keiner mehr mitmacht.

Vielleicht bin ich ein Mensch, der, wenn er an seine absolute Schmerzgrenze gelangt, eine Richtungsänderung ansteuert und diese dann konsequent umsetzt. Vielleicht ist es mir leichter gefallen, aus der Kirche auszutreten, weil ich keine Kinder habe, denen ich eine echte Seelsorge in einer intakten Kirchengemeinde wünsche. Vielleicht bin ich dadurch unabhängiger und kann meinen Glauben von der Institution Kirche besser getrennt betrachten. Wohlmöglich bin ich ausgetreten, weil ich Christin bin und im Grunde meines Herzens die Kirche verändern möchte, indem ich sie verlasse.

Ich spüre seit meinem Kirchenaustritt einen tiefen Seelenfrieden in mir: Gott ja, Amtskirche nein! Diese Entscheidung hat mich in meinem Glauben jedoch nicht verändert. Wer mich zu Hause besucht, wird nach wie vor ein Kruzifix über dem Türbogen sehen. Ich gehe immer noch gerne in eine Kirche oder Kapelle, um still für mich zu beten. Und für ehrenamtliches Engagement gibt es zum Glück weltliche Einrichtungen ohne diese perfide Doppelmoral.

Letztendlich habe ich etwas Wichtiges für mich erkannt: Es ist nicht (mehr) die Institution Kirche, die ich brauche - es sind die Menschen!

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Ein Backofen voll Liebe

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Warum ich noch in der katholischen Kirche bin